ein Blick in den Katalog |
Kataloge wecken bei mir immer Kindheitserinnerungen. Ich stamme aus einer niedersächsischen Kleinstadt, da gab es nicht so viele Geschäfte. Aber ich glaube jede Familie hatte mindestens einen Katalog. Bei uns waren es zwei: "Quelle" und "Neckermann". Ich habe beide geliebt und mich jedesmal sofort damit zurückgezogen und lange Listen geschrieben. Keine Wunschlisten, nein, ich habe mir verschiedene Phantasiefamilien ausgedacht und diese ausgestattet. Komplett! Für alle Gelegenheiten, jeweils einen ganzen Haushalt mit Möbeln und allem drumherum. Das waren ganze Schulhefte voll, jeder Artikel mit Nummer und Preis versehen. Ich habe mir da ganz eigene Welten erschaffen und war damit tagelang beschäftigt.
In der Realität sah es etwas anders aus. Da wurde genau abgewogen und ausgesucht was bestellt wurde. Quelle galt als solider, gute Qualität und sie hatten Heinz Oestergard (http://de.wikipedia.org/wiki/Heinz_Oestergaard), der eine eigene Quelle-Kollektion entwarf. Aber halt manchmal etwas biederer. Neckermann war "fetziger", die Jeans sehr beliebt. Die Nachbarn hatten andere Kataloge, manche nur für Wäsche, ich entsinne mich an "Witt", einer hatte den Schwerpunkt auf Schmuck. Natürlich wurde dann ausgetauscht und Sammelbestellt. Das war zweimal im Jahr ein Ritual des Auswählens, Verwerfens, neu Wählens bis dann endlich bestellt wurde. Und dann das Warten auf den Postboten!
Die ganze Sache hatte allerdings manchmal auch ihre Tücke. Ich erinnere einen denkwürdigen Kirchenbesuch während der Konfirmandenzeit (der Kirchenbesuch wurde kontrolliert und abgehakt) als meine beste Freundin stolz ihr neues Frühlingskleid von Quelle ausführte. Diese Idee hatten außer ihr noch sieben andere!
Wenn jetzt so nach und nach die Kataloge bei uns eintrudeln (und es trudeln einige) ziehe ich mich mit Kaffee und Keksen auf das Sofa zurück und blättere. Ich bestelle an und für sich nicht so sehr viel, lasse mich aber oft inspirieren für eigene Projekte. Und es ist auch immer etwas Nostalgie dabei.
Lange Listen für Phantasiefamilien schreibe ich aber nicht mehr.